Außen- und Innenseiten von Weihnachten

Predigt zum Nachlesen von P. Christian Marte SJ am 26. 12.2021 - 11:00 Uhr

Symbol

Außen- und Innenseite von Weihnachten
PLk 2,41-52 (Kol 3, 12-17)

Weihnachten hat eine Außenseite und eine Innenseite.
Und wir selbst, wir haben auch eine Außenseite
und eine Innenseite.
Darüber möchte ich heute mit Ihnen gemeinsam nachdenken.

Vor zwei Tagen, am 24. Dezember, war ich den ganzen Vormittag im Gefängnis, im Zieglstadl – Sie wissen, wo das ist: im Westen Innsbrucks, an der Straße nach Völs.
Zuerst hatten wir um 8.00 Uhr eine ökumenische Andacht – und dann haben wir die Weihnachtspakete für die Häftlinge in die Zellen gebracht.
450 Gefangene, Frauen, Männer, Jugendliche.

Es ist ein besonderer Moment, wenn man so ein Paket übergibt: Weil es mehr ist als Schokolade und Duschgel.

Es ist ein Symbol dafür, dass es gute Menschen gibt,
die in dieser Weihnachtszeit an andere denken,
die in einer schwierigen Situation sind.

Geschenke gehören zur reichen Tradition des Weihnachtsfestes. Genauso wie der Christbaum
und die Festbeleuchtung in unseren Straßen.
Weihnachten ist in unserem Kulturkreis ein Fest für alle – für Christen und Nicht-Christen, für Atheisten und Agnostiker.
Auf irgendeine Weise hat jeder und jede daran Anteil –
und sei es auch nur durch die Freude über arbeitsfreie Tage.

Diese Außenseite des Festes ist wichtig und
man soll sie nicht geringschätzen. Sie „imprägniert" gleichsam
unsere ganze Kultur mit dem Geist von Weihnachten.
Nicht nur das Fest hat eine Außenseite –
auch wir selbst haben eine Außenseite.
Das, was alle an uns sehen können, zum Beispiel unsere Kleidung. In Tirol sagt man: S'Gwandl macht's Mandl.
Wir gehen zum Friseur, wir richten unsere Wohnung geschmackvoll ein. Wir pflegen Freundschaften. Wir besuchen ein Konzert oder machen eine Reise mit anderen zusammen.
Wir freuen uns über gelungene Vorhaben in der Arbeit. Unsere Außenseite ist wichtig:
wir drücken damit aus, was uns wichtig ist im Leben.

Die Außenseite von Weihnachten
führt uns zur Innenseite des Festes.
Zu Weihnachten feiern wir, dass Gott Mensch geworden ist und unter uns gewohnt hat. Er wurde einer von uns.
Gott wird Mensch –
das ist die Innenseite von Weihnachten.

Und warum tut das Gott? Die Antwort: Aus Liebe zu uns Menschen. Wir haben dafür nichts geleistet.
Gott tut es aus Liebe – und auf seine Weise:
Eine junge Frau in Palästina bekommt ein Kind.
Und dieses Kind, Jesus, ist der Heiland, der Retter der Welt.

Wir Erwachsene mit unserem Realismus halten das für ziemlich unwahrscheinlich. Wir würden das Projekt zur Rettung der Welt anders angehen, jedenfalls nicht so – und schon gar nicht dort.

Aber Weihnachten ist eben das Gegenbild zu unserer begrenzten Vorstellungskraft. Weihnachten ist
ein Bild der Hoffnung, dass eine bessere Welt möglich ist.
Das Zeichen dafür ist das Kind in der Krippe in Bethlehem.

Natürlich gibt es die Gefahr,
dass Hoffnungen enttäuscht werden.
Aber die noch größere Gefahr ist, dass wir aufhören zu hoffen.
Dann werden wir langweilig, pessimistisch und zynisch.

Gott wird Mensch, aus Liebe zu uns.
Darum geht es zu Weihnachten. Das, was so unwahrscheinlich klingt, an dem halten wir Christen fest –
und wollen es anderen Menschen weitersagen.

Und da sind wir schon bei unserer Innenseite.
Wir sagen ja: In einen anderen Menschen
kann man nicht hineinschauen. Das wird so sein.
Aber in uns selbst: da können wir schon hineinschauen – und damit komme ich nun zum heikelsten Punkt dieser Predigt.

Die heikle Frage lautet:
Wie lasse ich mich innerlich vom Kind in der Krippe prägen?

Wenn wir auf unser bisheriges Leben schauen, dann wissen wir: unsere Eltern, Geschwister, Partner und Freunde prägen uns, dazu unsere Ausbildung, unsere Aufgaben
und unser Medienkonsum.

Die Summe all dieser Prägungen ist unser Lebensgefühl,
sind unsere Verhaltensmuster und mentalen Modelle:
So und so sehen wir die Welt.

Und jetzt kommt immer wieder zu Weihnachten
dieses Kind in der Krippe.
Es steht für Neuanfang, Hoffnung und Zuversicht.
Es ist total verletzlich –
es bedroht niemanden und ist doch stärker als alles Böse.
Vor zwei Wochen hat mir eine Frau im Gefängnis
von einem Artikel in der Kirchenzeitung erzählt.
Prof. Niewiadomski hat dort geschrieben,
dass wir Christen nicht an einen strafenden,
sondern an einen rettenden Gott glauben.
Das hat sie in ihrer Bedrängnis gestärkt.

Das Bild des unsichtbaren, rettenden Gottes
ist dieses kleine Kind in der Krippe.
Heute hatten wir schon das Evangelium vom 12-jährigen Jesus im Tempel. Und bald werden wir von seinem öffentlichen Auftreten hören: wie er lehrt, heilt und betet.

Derzeit gibt es viele apokalyptische Szenarien:
die lauten Demonstrationen auf unseren Straßen,
die aggressive Sprache in den Medien und im Parlament, der Militäraufmarsch an der Grenze zur Ukraine,
der ganz reale Klimawandel mit dem Rückgang der Gletscher.

Gerade in der Bedrängnis brauchen wir
einen starken, verlässlichen Ankerplatz.

Und dieser Ankerplatz ist die Person Jesu.
Ihm wollen wir ähnlich werden
in unserem Denken und Sprechen und Fühlen und Handeln.

So kann er unsere Innenseite prägen – und wir lassen uns verwandeln zu hoffnungsvollen und zuversichtlichen Menschen.

Das wünsche ich uns allen zu Weihnachten.

Amen.

 

P. Christian Marte SJ


News-Bild: Peter Herrmann via unsplash.com

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