In den Versuchungen auf Gottes Zusage vertrauen
Wir stehen am Beginn der Fastenzeit, wir bereiten uns auf das Osterfest vor. Zu jeder Zeit strahlt das Licht von Ostern in unser Leben, die Botschaft von Ostern, dass Gottes Liebe stärker ist als Sünde und Tod. Doch manchmal müssen wir unsere Brillengläser putzen, um dieses Licht wieder deutlich zu sehen. Darum geht es in der Fastenzeit, die eine Zeit der Umkehr ist. Es geht darum, das eigene Leben ein wenig zu entrümpeln, sich ein wenig zu lösen von Fixierungen, die nicht zum Leben führen, wieder mehr Freiheit zu gewinnen. Zeiten der Besinnung und der bewusste Verzicht zu Gunsten anderer Menschen können dabei helfen. Aber das Entscheidende in alledem ist, das Vertrauen auf Gott zu vertiefen, neu zu beginnen im Glauben. Glauben heißt ja, immer wieder neu mit dem Glauben anfangen.
Lukas berichtet uns, dass Jesus in die Wüste geht und dort vom Teufel in Versuchung geführt wird. Was sind eigentlich Versuchungen? Manchmal versteht man darunter eher harmlose Dinge. Schokolade kann eine Versuchung sein. Doch es gibt auch andere Versuchungen. Die Versuchung etwa, seinen Ehepartner zu betrügen, die Versuchung, aus Feigheit nicht die Wahrheit zu sagen oder sogar die Versuchung, sich das Leben zu nehmen. Alle Menschen sind versuchbar, niemand kann ein Leben ohne Versuchungen führen. Nicht einmal Jesus konnte das. Aber Gott führt nicht in Versuchung. Wenn wir im Vaterunser beten „und führe uns nicht in Versuchung" könnte man das so verstehen: Lass uns unsere Versuchbarkeit erkennen und lass uns in den Versuchungen unseres Lebens bestehen. In der Fastenzeit, in der Wüste, wird uns unsere Versuchbarkeit besonders deutlich.
Versuchungen haben nicht nur eine moralische Bedeutung. Die tiefste Versuchung des Menschen betrifft sein Gottesverhältnis. Es ist die Versuchung zum Misstrauen gegenüber Gott. Meint Gott es wirklich gut mit mir? Ist Gott wirklich der letzte Halt meines Lebens? Oder kann ich Gott gar nicht trauen? Wo ist denn dieser Gott? Angesichts dessen, was wir in der Welt sehen und erleben, kann man schwer angefochten werden. Neben allem Guten und Schönen auch Krieg und Leid und persönliche Katastrophen. Der Tod scheint immer das letzte Wort zu haben.
Auch Jesus wird in der Wüste in Versuchung geführt. In der Wüste will er Klarheit über seine Berufung erlangen. Jesus bekommt Hunger, er bekommt Sehnsucht nach einem erfüllten Leben. Und er bekommt vielleicht Zweifel, ob er wirklich von Gott geliebt ist, ob er wirklich der Sohn Gottes ist, durch den das Heil in die Welt kommen soll, oder ob das nicht alles eine furchtbare Selbsttäuschung ist. „Wenn du wirklich Gottes Sohn bist, dann beweis das doch!", so fragt ihn der Versucher zweimal. Aber Jesus steigt auf dieses Spiel nicht ein. Er beweist nichts mit irgendwelchen Wundertaten oder Leistungen, sondern er beruft sich auf die Zusage Gottes in der Schrift. Die Zusage Gottes ist absolut verlässlich, man kann und braucht sie nicht „beweisen". Ein Wort Gottes, in dem Gott selbst sich uns mitteilt, kann nur als das letzte Wort über alle Wirklichkeit verstanden werden. Und man wird diesem Wort nur im Glauben gerecht, indem man es sich gesagt sein lässt.
Der Teufel verspricht Jesus alle Reiche dieser Erde, wenn er sich vor ihm niederwirft und ihn anbetet. Den Teufel anbeten, das bedeutet die völlige Pervertierung der Gottesbeziehung. Es bedeutet, irgendetwas Geschaffenes an die Stelle Gottes zu setzen und sich daran um jeden Preis zu klammern, an Reichtum und Macht zum Beispiel. Darin besteht das Unheil des Menschen, denn jede Form von Weltvergötterung macht unmenschlich, weil man dann notfalls auch über Leichen geht. Der Ukraine-Krieg ist ein aktuelles Beispiel dafür. Und Weltvergötterung führt letztlich nur in die Verzweiflung an der Welt, wenn einem genommen wird, worauf man fälschlich sein Vertrauen gesetzt hat. Der Teufel ist ein Lügner und Mörder von Anfang an.
Jesus widersteht der Versuchung durch das Vertrauen auf die Zusage Gottes. Und er lädt uns ein, auf sein Wort hin, dasselbe zu tun. Jesus stellt uns durch seine Botschaft in eine Entscheidungssituation: Traue ich seiner Botschaft, lasse ich mir wirklich gesagt sein, dass ich von Gott bedingungslos angenommen und geliebt bin, dass mich keine Macht der Welt aus der Gemeinschaft mit Gott herausreißen kann? Glaube ich daran, dass Gottes gutes Wort das letzte Wort über mein Leben ist? Oder lehne ich diese Botschaft willkürlich ab, und muss ich deshalb auch glauben, dass Tod und Vergänglichkeit das letzte Wort haben? Es geht um die Entscheidung zwischen Glauben und Unglaube. Die Versuchung zum Unglauben ist die tiefste Versuchung.
Bitten wir Gott, dass wir unserer Versuchbarkeit erkennen können! Fragen wir uns in dieser Fastenzeit, worauf wir in unserem Leben letztlich vertrauen! Und denken wir daran: Nur Gott kann niemals das Vertrauen enttäuschen. Seine Zusage in Jesus Christus ist absolut verlässlich, sie gilt im Glück und im Leid, im Leben und im Sterben, unter allen Umständen. Nichts kann uns trennen von seiner Liebe, nicht einmal der Tod. Oder wie Paulus es im Römerbrief ausdrückt: „Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zugrunde gehen." Amen.
P. Robert Deinhammer SJ
Bild: Juan de Flandes, Versuchung Christi
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