Liebe Schwestern und Brüder!
Manchmal versteht man erst im Nachhinein, mit etwas Abstand, was los, was eigentlich gemeint war, in einem Gespräch, bei einer Begegnung. Vielleicht ist das der Grund, weshalb wir an den Sonntagen der Osterzeit nochmals aus der sog. Abschiedsrede Jesu hören. Denn es ist ja sonderbar, während uns die liturgischen Gebete in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten in der Osterfreude, dem Osterjubel halten wollen, hören wir als Evangelien Passagen aus der Abschiedsrede Jesu, die er den Seinen im Abendmahlssaal kurz vor seiner Passion hielt und wo sicherlich wenig Freude und wenig Jubel im Raum lagen, weil alle ahnten, was kommen würde.
Es sind die Herzensanliegen Jesu, die in dieser Rede zur Sprache kommen, dies legt allein die Situation nahe, in der sie ausgesprochen werden, man macht keinen Smalltalk, wenn man weiß, dass die Zeit läuft, eine Uhr tickt und man unwiderruflich Abschied nehmen muss. Wenn man die Situation erfasst, ist klar: Jetzt nur das Wichtigste und nichts zurückhalten, ungesagt lassen, was den Zurückbleibenden hilft, weiter leben zu können! Es gilt die Worte zu wägen, weil sie sich einprägen. Sie werden wieder und wieder erinnert werden, um zu verstehen, um tiefer zu erfassen und wertzuschätzen, was war, aber nun unwiderruflich vorüber ist.
Ich möchte einen Satz aus der Abschiedsrede Jesu herausgreifen, wir erinnern ihn wieder und wieder, bei jeder Eucharistiefeier, er ist zur Einleitung des Friedensgrußes geworden: Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch. Und im biblischen Text folgt noch unmittelbar: Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht.
So war er! Jesus wollte die Seinen in einem Frieden bergen, den Materie, Materielles, die Welt nicht hergibt. Und er bleibt sich da treu. Als Auferstandener tritt er im Johannesevangelium wiederholt in die Mitte der Seinen und wünscht ihnen als erstes: Der Friede sei mit Euch! Für mich ein Osterwunder! Der Auferstandene hat keinen nachtragenden Zug, bei allem, trotz allem was war! Entwaffnend wohlwollend, friedfertig tritt er in ihren Kreis. Da ist kein: Hört mal her, was war eigentlich los?!, wir sollten da nochmals drüber reden, ihr versteht, ich kann das nicht einfach so stehen lassen!
Wendungen, dieser Art, wären nachvollziehbar, sie bleiben aber schlichtweg aus. Und selbst die dreimalige Frage des Auferstandenen an Petrus: Liebst Du mich?, der man durchaus – denkt man an die dreimalige Verleugnung Petri – einen nachtragenden Ton geben könnte, kann ich über das Ergebnis nicht in diese Richtung deuten. Petrus erhält in diesem kleinen Dialog einen enormen Leitungsauftrag und das dreimalige nachfragende Vergewissern seiner Liebe, soll ihm verständlich werden lassen, um was es letztendlich geht: Ich kann Dir die Meinen nur überantworten, wenn Du mich und damit auch sie liebst, sonst geht das nicht!
Frieden, wie die Welt ihn nicht geben kann. Ist hier ein Versagen der Welt ausgedrückt? Ich glaube, es ist unmorlischer, es ist eine Grenze benannt. Der Friede, der von Gott kommt und den Religionen suchen, er liegt hinter den Dingen. Gott, das ist doch die Frage nach dem, was die Welt im letzten trägt und zusammenhält? Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft – wie es im Philipperbrief heißt –, er stellt sich ein, wenn bei allem Fragen und Suchen und neben allen Widersprüchlichkeiten, die wir vorfinden und selbst hervorbringen ein Sinnzusammenhang aufleuchtet.
Frieden, der von Gott herkommt, erschöpft sich nicht in einem Waffenstillstand oder in vernünftig politischen Arrangements. Frieden, den Jesus meint, er leuchtet auf, er blitzt auf, in Momenten, wo wir den Schöpfer ahnen, in Augenblicken, wo wir wissen, dass hinter allem sich mehr Sinn auftut als wir gemeinhin meinen, wo wir kurz Einblick ins Universum nehmen dürfen und uns geborgen fühlen. Als Beispiele möchte ich nennen:
- Die meisten Menschen werden still und ahnen Großes, sind überwältigt, wenn sie ein Neugeborenes in Händen halten dürfen.
- Oder manchmal kann es (paradoxer Weise) auch der Blick in einen Abgrund sein, der uns ahnen lässt, dass wir bei weitem nicht in alle Abgründe stürzen, die sich da auftun, sondern dass wir über die meisten Abgründe wie schlafend getragen werden.
Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht. – Frieden, wie in die Welt aus sich nicht geben kann, weil er in einem Geheimnis gründet, dass die Welt übersteigt.
Es war so unspektakulär, doch ich werde diese Meditation nicht vergessen, als uns unser Spiritual im Priesterseminar in das Stillegebet einführte und wir einfach in die Stille hören sollten, nichts weiter. Und nach geraumer Zeit, als störende Gedanken, gute Einfälle und auch der Ärger über das Gezappel des Nachbarn sich beruhigt hatten, da kam die ebenso schlichte Aufforderung unseres Spirituals: Und jetzt hören Sie hinter die Stille in Gott hinein.
Für mich war das eine Erfahrung für: Frieden, den die Welt nicht geben kann.
Liebe Schwestern, liebe Brüder, ich vertraue darauf, dass Sie wissen, dass ich soeben nicht Weltflucht gepredigt habe. Das schließt sich auf Jesus geblickt einfach aus. Einsatz für die Welt, ein beherztes Zu- und Anpacken, das gehört für mich über Christus zum Christentum. Und als Netz darunter: ... Friede, Geborgenheit in Gott. – Amen.
P. Bernhard Heindl SJ
Bild: flickr, Christoph Scholz, Erde im Weltall
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