Alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes.
Röm 8,14-17 (Joh 3,16-21)
Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes.
Ich möchte heute mit Ihnen über den ersten Satz der Lesung nachdenken. Dort schreibt Paulus an die Christen-Gemeinde in Rom: „Alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen,
sind Kinder Gottes."
Was meint dieser einfache und klare Satz für uns?
Nun, zuerst einmal ist vom Geist Gottes die Rede. In der wohlgeordneten katholischen Welt ist der Geist Gottes das, was am wenigsten klar definiert ist.
Und das hat mit dem Geist selbst zu tun, den man eben nicht einfangen und eingrenzen kann.
Die Taube als Symbol des Heiligen Geistes passt wirklich wunderbar. Meine Eltern hatten in Feldkirch im Stadtzentrum eine Fleisch-Fachgeschäft – und manchmal hat sich eine Taube ins Geschäft verirrt. Niemand konnte sie einfangen. Es hat nur einen Weg gegeben, sie ins Freie zu bekommen:
Man musste alle Fenster und Türen aufmachen!
Der Geist Gottes braucht offene Fenster und Türen.
Vergangenes Wochenende hat die mk am Jesuitenkolleg das magis-Festival veranstaltet: Viele Jugendliche haben sich mit Lebensfragen beschäftigt und hier in der Kirche gebetet.
Mir ist dort noch einmal klar geworden, dass wir in der katholischen Tradition in den vergangenen 30, 40 Jahren viel an Veränderung erlebt haben – dass aber der Geist Gottes nicht möchte, dass jetzt einfach alles so bleibt, wie es ist.
Es wird neue Ordnungen geben, ganz stark im Bereich der Partizipation von Frauen in der Kirchenleitung und in der Liturgie, um nur ein Beispiel zu nennen.
Wie merkt man, dass der Heilige Geist am Werk ist, dass wir uns von ihm leiten lassen – und nicht einfach von unseren beschränkten Vorstellungen, wie die Dinge sein müssten?
Den Heiligen Geist erkennt man an seinen Wirkungen.
Es gibt ja vieles, was man nicht sieht – und das trotzdem sehr wirksam ist. Jeder, der schon einmal einem Kind die Bedeutung einer Steckdose erklärt hat, kommt zu dem Punkt, wo er oder sie sagen muß: da drinnen gibt es etwas, was man nicht sieht, aber doch da ist.
Die Wirkungen, die Früchte des Geistes sind Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung.
So formuliert es Paulus im Brief an die Christen in Galatien .
Man wird also bei allen Veränderungen schauen, ob am Ende diese Früchte da sind. Dann ist der Heilige Geist am Werk, dann haben wir uns von ihm leiten lassen.
Manchmal, in einer schwierigen Situation, bitte ich den Heiligen Geist um Hilfe von oben, mit einem kurzen Stoßgebet – gerade, wenn es emotional wird.
Denn dort, wo Emotionen im Spiel sind, dort fallen die Entscheidungen.
„Alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes." Dieser Satz von Paulus ist auch wegen des Wortes „Alle" so stark.
Alle: das ist der große Horizont des Apostels. „Alle": damit hat Paulus den Kreis ganz weit gezogen – nicht nur Juden, sondern eben auch Nicht-Juden, zum Beispiel die Griechen, gehören dazu.
Auch heute weist dieses „Alle" über das Christentum hinaus, eben auf alle Menschen.
Diese universale Perspektive gehört zum großen Schatz des Christentums – und immer wieder muss man ihn verteidigen.
Es gibt in der Kirchengeschichte von Anfang an die Tendenz zur Enge – nach oft heftigem Streit setzt sich aber die Weite durch. Denken Sie an den Streit in der Ur-Gemeinde, ob sich alle neuen Christen beschneiden lassen müssen – Antwort: nein, wir bleiben offen für alle.
Oder der Streit in der Frühen Kirche über den Umgang mit den Christen, die in der Verfolgungszeit vom Glauben abgefallen sind: Dürfen sie wieder dazugehören oder nicht?
Nach Auseinandersetzungen: ja, sie dürfen wieder dazugehören. Sie sind auch Kinder Gottes.
Der katholische Ansatz ist die Weite. Immer dann, wenn es eng wird, dann muss man fragen: Ist hier wirklich der Geist Gottes am Werk? Ist das wirklich noch katholisch?
Das gilt in der Familie, in der Schule, am Arbeitsplatz – und natürlich auch in der Kirche.
Ein für mich ziemlich gutes Kriterium, ob der Heilige Geist präsent ist, das ist der Humor. Wenn man in einer Gemeinschaft über sich selbst und andere lachen kann, dann merkt man etwas von der Leichtigkeit, die uns trägt – so wie die Taube sich im Flug tragen lässt.
„Alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes."
Amen.
P. Christian Marte SJ
Bild: Sunguk Kim via unsplash.com
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Jesuitenkirche Innsbruck