Ich stehe bei Regen an einer recht befahrenen Kreuzung. Eine freundliche Person hält mit dem Auto an und gibt mir ein Zeichen, dass ich über die Straße gehen kann. – Am Beginn der Eucharistiefeier hat eine Ministrantin kurz die kleine Glocke bei der Sakristeitür geläutet. Alle haben das Zeichen verstanden, alle sind aufgestanden und die Orgel hat zu spielen begonnen.
Zeichen funktionieren meist ohne Worte, ohne lange Erklärungen. Sie sprechen von selbst. Sie haben in ihrem Kontext eine Botschaft und können etwas möglich machen. Zeichen können etwas bewirken.
Man spricht von sieben großen Zeichen im Johannesevangelium. Zeichen, die wir sehen und betrachten können und die uns beim Betrachten etwas sagen können. Sie können eine Wirkung in uns entfalten. Das erste Zeichen geschieht bei der Hochzeit zu Kana, wo Jesus Wasser in Wein verwandelt. (Das Evangelium selbst spricht in Joh 2,11 von „Zeichen" und nicht von „Wunder".) Das siebte Zeichen ist die Auferweckung des Lazarus. Ein Höhepunkt. Alle Zeichen verweisen uns auf Jesus Christus und seine Bedeutung. Er kann verwandeln: Wasser in Wein, sogar Tod in Leben. Die Nähe Jesu hat Wirkung. Die Zeichen können uns helfen, diese Wirkung noch mehr zu erkennen, tiefer zu erfahren und zu erfassen. Unser Hinschauen braucht immer mal wieder Zeit, als müssten sich die Augen in der Dunkelheit erst noch ans Sehen gewöhnen.
Die Geschichte von der Auferweckung des Lazarus hören wir zwei Wochen vor Ostern. Allerdings handelt es sich bei Lazarus nicht um Auferstehung wie dann bei Jesus, sondern eher um eine Art Wiederbelebung nur für eine bestimmte Zeit. Auch Lazarus wird später irgendwann dann (nochmal) sterben. Wenn er jetzt von Jesus gerufen aus dem Grab kommt, ist er mit Leinenbinden umwickelt und ein Tuch ist über seinem Gesicht. Ganz anders bei Christus, wenn er vom Tod ersteht. Der Auferstandene ist unmittelbar von allen Binden befreit und kein irdisches Tuch wird ihm den Blick verhüllen. Lazarus erscheint bei seiner Wiederbelebung völlig sprachlos. Verständlicherweise. Jesus hingegen spricht in dieser österlichen Vorgeschichte – gleichsam das Zeichen deutend – schon das entscheidende Wort für uns: „Ich bin die Auferstehung und das Leben."
Im Evangelium von heute finden wir zudem einen Verweis auf ein anderes Zeichen. Gleich am Anfang heißt es: „Maria war jene, die den Herrn mit Öl gesalbt und seine Füße mit ihren Haaren abgetrocknet hatte." Und später bekennt Marta: „Herr, ich glaube, dass du der Christus (der Gesalbte) bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll." Das Zeichen der Salbung klingt hier an. Priester, Könige, Propheten wurden gesalbt. – Auch dieses Zeichen will uns etwas über die Bedeutung von Jesus Christus für uns sagen.
Noch zwei Wochen bis Ostern. Viele Zeichen wurden uns schon gegeben und weitere werden folgen. Zeichen und Erfahrungen. Das erste Zeichen in unserer Biographie ist unsere eigene Taufe, wo wir mit Chrisam gesalbt wurden. An dieses Zeichen, dieses Sakrament und seine Wirkung können wir uns erinnern, ganz ausdrücklich dann in der Tauferneuerung der Osternacht. Mit Christus, dem Gesalbten, sind wir Christen, Gesalbte.
In diesen Tagen werden uns auch äußere Zeichen gegeben: Verhüllte Altäre. Die violette Farbe. Unten in der Krypta besondere Kreuzwegbilder. Vielleicht gibt es auch zu Hause ein Zeichen.
Und wir können Ausschau halten nach inneren Zeichen, die mich auf Jesus Christus verweisen, der für uns gestorben und auferstanden ist. – Was ich persönlich versuche als inneres Zeichen zu nehmen: Irgendwann wird mein Leben zu Ende sein. Das ist natürlich völlig klar für mich und für uns alle. Aber für mich ist es insbesondere die Ohnmacht dabei, die mich innerlich irritiert und stört. Ich kann bei vielem mitreden, entscheiden, Dinge machen, einiges bewirken. Das will ich auch. Ich will in meinem Leben nicht, dass über mich einfach durch andere verfügt wird. Aber Sterben, mein Ende, wird über mich verfügt. Auch der Zeitpunkt. Ich kann da nichts machen. Ich bin da völlig auf einen anderen angewiesen oder sogar „ausgeliefert". Das schmeckt mir nicht. – Das Gefühl, das sich bei mir mit diesem Gedanken verbindet, versuche ich als ein Zeichen zu nehmen, als Zeichen um zu schauen, was Jesus Christus und mein Glaube mir bedeuten, was ich jetzt schon und am Ende von ihm erhoffe und welche Wirkung ich mir wünsche.
Wenn du mir ein Zeichen gibst ...
Ja, es gibt Zeichen, die wir wahrnehmen können. Äußere Zeichen. Innere Zeichen. Zeichen, von denen die Heilige Schrift spricht. Wo wir Zeichen sehen, können sie Wirkung in uns entfalten, hoffentlich so, dass wir ähnlich wie Marta bekennen können: „Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus (der Gesalbte) bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll." – Du die Auferstehung und das Leben. Und wer lebt und an dich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.
P. Thomas Hollweck SJ
Bild: Ksenia Kudelkina via unsplash.com
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