Liebe Schwestern, liebe Brüder!
Das Evangelium ist für mich eine Einladung zur Großzügigkeit! Vorab eine kleine Geschichte, ein alter Mitbruder hat sie mir erzählt: Als Kind hatte er eine kleine Gießkanne, um im Garten des Elternhauses Blumen gießen zu können, was ihm große Freude bereitete. Einmal war das Wasser in der Regentonne leer. Da erinnert er sich, dass im Keller seines Elternhauses ein weiteres großes Fass stand. Und so habe er am Weinfass für Nachschub gesorgt und die Blumen damit „bewässert". Er wusste nicht mehr, wie viele kleine Gießkannen er so vergoß, aber meinte, das daraus resultierende strikte Weinfassverbot der Eltern blieb ihm als Kind rätselhaft.
Ist das nun ein Beispiel für Großzügigkeit oder für Verschwendung? Das lässt sich auf's Evangelium geblickt auch fragen: Ist das Großzügigkeit oder Verschwendung? Der Sämann jedenfalls wirft mit verschwenderischer Großzügigkeit aus: auf Weg, ... auf felsigen Boden, ... in Dornen ... und auf guten Boden. Es scheint egal, wohin das Saatgut fällt, Hauptsache ausgeworfen!
Schaue ich im Gleichnis zunächst auf den Sämann und seine Geste des großzügigen Auswerfens, dann höre ich eine Einladung zur Großzügigkeit! Kirche darf im Namen Gottes großzügig aussäen. Ja, sie hat kostbares Saatgut, doch sie muss den göttlichen Vorwurf der Verschwendung nicht fürchten, ... darf im weiten Schwung auswerfen! Sie ist eingeladen, es dem Sämann gleich zu tun. Sie sollte m. E ...
- weniger Zeit in „Bodenproben" investieren: würdig/unwürdiges Erdreich;
- weniger verantwortungsgebückt, -bedrückt guten Boden suchen, um gut überlegt, wohl begründet, aber zögerlich, zurückhaltend ein paar Körner fallen zu lassen.
Sie sollte mehr Zeit darauf verwenden, den Schritt des göttlichen Sämanns einzuüben, der aufrechten Ganges ausschreitet und aus dessen Gesten Großzügigkeit, Seelengröße spricht. Ja, auf Sämann geblickt, ist Evangelium für mich die Einladung zur Großzügigkeit! Ich wähle diese Evangelium gerne für Kindertaufen und schenke den Eltern dann ein Säckchen mit Getreidekörnern, ein, zwei Kilo, zur Erinnerung, großzügig auszusäen und keine Bedenkenträger zu werden!
Auf das Erdreich geblickt, ist das Evangelium eine Besinnung über mich selbst, denn da ist nicht nur ... ein Boden in mir! Gott hat auch bei mir nicht nur weichen, aufnahmefäigen Boden angetroffen. Es gibt auch in meinem Leben festen, steinigen, dornigen Boden:
- auf Weg, auf festgetretenen Boden gesät – im Text heißt es: Vögel kommen, picken auf, die Körner sind weg.
Besinnungsfrage: Für was war ich einfach nicht aufnahmefäig oder was ist mir im Leben entrissen worden, ehe es Wurzeln fassen konnte?
- felsiger Boden/wenig Erde – im Text heißt es: die Halme schießen empor, welken aber rasch unter der Sonne.
Besinnungsfrage: Was war anfangs vielversprechend in meinem Leben angelegt, hatte dann aber einfach zu wenig Ermöglichungsgrund, zu wenig Spielraum, Freiraum, um fester einwurzeln und fester Bestandteil meines Lebens werden zu können?
- Dornen – im Text heißt es: die hervorsprossenden Hälmchen werden erstickt von wuchernden Dornen.
Besinnungsfrage: Was wurde, wird in meinem Leben von Sorgen erstickt?
- Und schließlich und nicht zu vergessen: guter Boden in mir – im Text heißt es: der Halm strebt hoch, wird kräftig, bringt reiche Frucht.
Besinnungsfrage: Was hat in meinem Leben Frucht gebracht, was bringt Frucht, wo darf ich ernten?
Bei aller persönlichen Bodenanalyse will ich das Augenmerk auf den letzten, auf den furchtbaren Boden richten, Dankbarkeit entwickeln und im Betrachten aller Bodensorten erkennen:
- Fruchtbarkeit ist nicht gleich Leistung! Fruchtbarkeit braucht auch günstige Umstände!
- Fruchtbarkeit birgt ein Geheimnis, wir wissen nicht wie der Samen Wurzeln schlägt, in die Höhe wächst, Frucht bringt. Es bleibt bei allem Wissen, das wir angehäuft haben, bis heute staunenswert, geheimnisvoll!
- Fruchtbarkeit vollzieht sich über weite Strecken im Verborgenen, braucht Vertrauen, Leistung ist sichtbar, kontrollierbar und über weite Strecken machbar.
- Fruchtbarkeit ist ein Geheimnis, dem man mit Vertrauen begegnen muss, ein Geschehenlassen in Geduld.
Zum Schluss möchte ich vom dankbaren Staunen über das Geheimnis, was da im Leben gewachsen ist und Frucht brachte, wieder zu Sämann zurückkehren. Dankbarkeit ist eine gute Grundlage, um sich von der Großzügigkeit des göttlichen Sämanns anstecken zu lassen und ebenfalls großzügig mit dem mir Zugewachsenem umzugehen, es auszusäen!
Ein Gebet von Helder Camara, dem 1999 verstorbenen brasilianischen Erzbischof und unermüdlichen Streiter für Menschenrechte, kann helfen, in die Spur des Sämanns, unseres Gottes zu finden. Ich kenne den Text seit langem, für die Predigt habe ich mich gefragt, ob er noch unser Weltverständnis trifft oder romantisch überholt ist? Aber ich meine, der Text hat seine Gültigkeit und ich lese ihn heute mehr denn je mit der Sehnsucht, die Erde, die Schöpfung mehr ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten folgen zu lassen, als sie weiterhin unserer Ausbeutung preiszugeben.
Doch nun Helder Camara und seine Einladung zur Großzügigkeit, zur Seelengröße:
Herr, herrscht nicht große Verschwendung in der Schöpfung?
Die Früchte wiegen nicht auf, was an Samen verloren geht.
Die Quellen versprudeln Wasser im Überfluss.
Die Sonne strahlt Fluten des Lichtes aus.
Möge doch Deine Großherzigkeit mich lehren,
was Seelengröße ist.
Möge Deine Freigebigkeit mich davor bewahren,
knauserig zu sein.
Damit ich, wenn ich so sehe, welche offene Hand Du hast,
wie generös und gut Du bist,
auch meinerseits gebe, ohne zu rechnen, ohne zu messen,
wie ein Königskind, wie ein Kind Gottes. - Amen.
Bild: Heindl SJ
ImpressumSitemapDatenschutzPräventionKontaktLogin
Impressum
Sitemap
Datenschutz
Prävention
Kontakt
Login
Jesuitenkirche Innsbruck