Liebe Schwestern, liebe Brüder!
Auf einem öffentlichen Platz ...
- zwei Mädchen halten sich kichernd die Hände vor den Mund, tuscheln aufgeregt miteinander, können aber ihren Blick, von dem, was da geschieht nicht abwenden;
- einige Jugendliche haben aufgehört mit dem Ball zu kicken, kommen langsam näher und schauen verblüfft, mit halb offenem Mund, was da geschieht;
- ein älterer Mann mit Hut zieht abschätzig die Mundwinkel nach unten, beobachtet aber genau das öffentliche Ärgernis;
- eine Frau mit einem kleinen Kind an der Hand, wendet mitleidig ihren Blick ab und fordert ihr Kind auf weiterzugehen, welches hartnäckig fragt, was der Mann da macht?
Denn ein junger Mann hat in der Mitte des Platzes begonnen sich auszuziehen, langsam und überlegt. Ihm gegenüber ein älterer Mann, der mit hochrotem Kopf erst drohend und dann bittend auf seinen Sohn einredet, er möge damit aufhören!
So ähnlich könnte es gewesen sein, als der hl. Franziskus diese ... Perle, diesen Schatz aus dem Evangelium entdeckte und in Assisi auf der Piazza vor dem Dom seinem Vater dessen ganzen Besitz – symbolisch die teueren Kleider – zurück gab, um unmissverständlich zu zeigen, dass er fortan ein anderes Leben führe wollte. Franziskus soll gesagt haben: „Bis heute habe ich dich meinen Vater genannt auf dieser Erde; von nun an will ich sagen: Vater, der du bist im Himmel."
Ein möglicher Einwand: Ja, das mag in Heiligenviten so vorkommen, aber bei Normalgläubigen eher nicht! Ich kann Ihnen über meine Arbeit vergewissern: Doch, das passiert auch ganz ... normalen Menschen! Menschen wenden sich Gott, Religion zu und werden zum Ärgernis: „Du, religiös ... und dann auch noch katholisch, das ist ja nun wirklich das Letzte, was ich mir vorstellen könnte!" Religion, Kirche, sei zu verdorben, zu gestrig, zu eng, bekommen sie zu hören. Toleranz sei wichtig und dass jede/er so leben könne, wie sie/er wolle. Dafür brauche man keine religiöse Verbindlichkeit eingehen, im Gegenteil, die sei der Toleranz eher hinderlich! Mitunter müssen „Neukatholikinn/en", Erwachsenentäuflinge und Konvertiten, auf alte Freunde verzichten, ... weil sie eine Perle, einen Schatz gefunden haben, die Entschiedenheit wünschen!
Grundlage ihrer Entschiedenheit ist, was leicht überlesen wird, helle Freude! „In seiner Freude ging er hin, verkaufte alles, was er besaß", heißt es im Evangelium. Gott, ein freudiges Ereignis! Ein freudiges Ereignis, weil den Schatz- und Perlenfindern unwiderruflich klar wurde, dass ihnen vorher etwas im Leben fehlte. Es war immer wieder Herausforderung für mich, den ... Neu- oder Wiederentdeckern des Glaubens nicht in die Freude zu grätschen, weil mit wachsender Begeisterung ja auch schließlich die Fallhöhe der Ernüchterung zunimmt. Eine sonderbare Fürsorge, anstatt mich einfach über ihre Freude zu freuen und Vertrauen in das Vorgehen und die Führung Gottes aufzubringen!
Glauben, eine Freude, keine Partyfreude, eine innere Freude, die zum Leben hilft, ohne die mir etwas fehlt!
Glaubensfreude: Ein Gebet am Morgen und ich starte anders in den Tag, ... ich fühle mich in einem Geheimnis geborgen, das mir inneren Halt gibt, ... mir Kraft zur Versöhnung schenkt und meine Zukunftsängste entkräftet.
Glauben: Er bringt Festlichkeit in mein Leben, ich finde uralte Rituale in ihm, die meiner Seele guttun, ihr Ruhe schenken.
Glauben: Er hilft mir seelische Wunden zu verarbeiten und mit Leid besser umzugehen.
Glauben: Er spornt mich zum Guten an und zeigt mir, wofür es sich lohnt zu kämpfen. Er weitet meinen Blick und wenn ich nach oben schauen, weiß jemanden über mir, der mir Orientierung gibt.
Glauben: Ich durchschaue den Zufall und fühle mich von Gott geführt.
Glauben: Ich bin Teil eines weltweiten Netzwerkes, ich finde eine Menge verlässliche Freunde, erlebe Zusammengehörigkeit und Gastfreundschaft.
Glauben: Ich sehe die Welte mit neuen Augen und freue mich an der Schöpfung.
(Liste inspiriert von Meuser, Christsein für Einsteiger, S. 9f)
Freude an der Schöpfung, das führt mich nochmals zum Schatzentdecker und Perlenfinder Franz von Assisi. Er ist kein süßlicher Heiliger. Er weiß für das Gute zu kämpfen, Leid ist im vertraut, er investiert viel in Gemeinschaft ... und er dichtet für seinen Gott einen Lobgesang, der keine Tabus kennt, er besingt darin auch den Tod, dem kein Mensch entrinnen kann. Doch es ist der Refrain des Sonnengesangs des hl. Franz, der mir zu einer Perle geworden ist, die ich aber leider oft verliere und immer wieder neu suchen muss: „Gelobt seist du, mein Herr ..." Gelobt, gelobt, gelobt, acht Mal! Franz hat eine Glaubensweisheit verkörpert, die aus der Zeit gefallen scheint: Selbstlosigkeit. Sein Daseinswunsch war nicht Selbsterfüllung, sondern Gotteslob.
Lob oder die Anerkennung eines Größeren. Wir sind auf Erden, um Gott zu loben. So antiquiert diese Glaubensaussage klingen mag, für mich ist sie kostbar, weil sie eine unwahrscheinlich schöne Lebensperspektive ist: Ich darf Lobgesang sein! Es ist meine Bestimmung Wohlklang in die Welt zu bringen! Meine Güte, wie oft greife ich da in der Partitur daneben! Ich würde gerne immer wieder die Welt mit neuen Augen sehen und bei allem apokalyptischen Abgesang, der in der Luft liegt, den Lobgesang nicht vergessen. Nicht, um naiv zu verdrängen, sondern um eine tiefe Glaubenswahrheit zu verkörpern: Gott ist Ursprung und Ende, er ist meine Existenzgrundlage, ihm gilt meine Entschiedenheit, in seine Zusagen will ich hineinwachsen.
Oder kurz:
Mein Glaube sagt mir, Lob hält die Welt in ihren Angeln.
Lob schafft das feine Gleichgewicht, dass staunenswerter Kosmos nicht in egoistisches Chaos kippt.
Sie investieren gerade in die Erhaltung der Welt, denn es ist Lob, Gotteslob, das uns hier zusammenführt und innerlich neu ausrichtet. - Amen.
Bild: Heindl SJ
ImpressumSitemapDatenschutzPräventionKontaktLogin
Impressum
Sitemap
Datenschutz
Prävention
Kontakt
Login
Jesuitenkirche Innsbruck