Hochfest der Aufnahme Marias in den Himmel

Predigt zum Nachlesen von P. Thomas Hollweck SJ

Symbol

Assumptio – so der lateinische Begriff. Er lässt sich mit Aufnahme oder Annahme übersetzten [Assumptio Beatae Mariae Virginis – Aufnahme der seligen Jungfrau Maria]. Nicht nur ein Stück oder ein besonderer Extrakt oder ein entäußertes Seelenfünklein von ihr wurde aufgenommen, sondern Maria wurde ganz von Gott angenommen, in den Himmel aufgenommen, als die Person, die sie war und bleibt. So könnte man vielleicht das Dogma andeuten.

Es gibt eine alte Geschichte, die freilich nicht zum Glaubenskern oder Dogma dazugehört, aber doch eine schöne Geschichte: Drei Tage nach dem Tod Marias kamen die Apostel zu ihrem Grab. (Drei Tage nach dem Tod Jesu kamen Frauen zu seinem Grab. Jetzt sind es Männer, die zum Grab Marias kommen. Man spürt die Parallele.) Als sie das Grab öffnen, ist es ... nicht leer, sondern voll, übervoll mit vielen, wunderbar, himmlisch duftenden Blumen.

Blumen und Maria. Das ist ein besonderer Zusammenhang. Den sehen wir oft an vielen Marien-Altären. Am Hohen Frauentag werden an vielen Orten Kräuter und Blumen gesegnet.
Maria wird besungen als Rose ohne Dornen, als Lilie ohnegleichen.

In einem Text aus einem Musical [„Ave Eva" von Wilhelm Willms und Peter Janssens, 1974] heißt es: „Als Maria gestorben, da haben die Apostel ein Grab erworben und sie hineingelegt, bekleidet mit einem Hochzeitskleid, Kleid, gewoben aus Leid, für das Fest aller Feste weit, und sie haben den Abschied betrauert nach altem Zeremoniell, dunkel, dunkel war's, nicht hell, nach altem Zeremoniell. Und als sie nach drei Tagen zum Grab kamen, sie zu salben mit Kostbarkeiten, da war das Grab ein Blumenbeet, das duftete nach Blumen, die's auf der Erde nicht gab, Blumen aus einem Garten, den's auf der Erde nicht gibt. Sie hat sich verduftet, die schönste Blume auf dem Feld der Welt. Maria, kein Leichengeruch, kein frommer Spruch, sie hat sich verduftet, Maria, sie liegt in der Luft und nicht in der Gruft. Es liegt in der Luft ein betörender Duft."

Ja, es riecht anders bei uns in der Kirche mit Maria. Ohne sie wäre der Duft wohl etwas herber, strenger. Ohne Maria würde die Atmosphäre bei uns vielleicht noch mehr erfüllt sein von kritischen Positionen und ewigen Diskussionen und manchen Auseinandersetzungen, die nicht immer nur Trost und neue Perspektive bringen. Vor allem auf der Leitungsebene „riecht" es bei uns in der Kirche schon ziemlich nach Männern, oft sogar nach älteren Männern.

Mit Maria duftet es anders in unserer Gemeinschaft. Ein segensreicher Geruchsunterschied. Gütiger, sanfter, weiblicher, herzlicher, ... Wahrscheinlich haben sich deshalb durch die Jahrhunderte hindurch viele Menschen immer wieder besonders auch an sie gewandt.

Erstaunlich: Es gibt kaum Todesdarstellungen Marias. – Jesus wird auch im Tod gezeigt, am Kreuz, bei der Abnahme, wenn sein Leichnam in den Schoß Marias gelegt wird, im Grab. – Bei Maria sind es in der Regel lebendige Darstellungen. Meist ist sie sogar jung dargestellt. Sogar die alte Maria wird jung gemalt.

Papst Franziskus schreibt in „Christus vivit" (Nachsynodales Schreiben vom 2. April 2019):
„43. Im Herzen der Kirche scheint Maria auf. Sie ist das große Vorbild für eine junge Kirche, die Christus mit Frische und Bereitschaft nachfolgen will. Als sie noch sehr jung war, erhielt sie die Botschaft des Engels und unterließ es nicht, Fragen zu stellen (vgl. Lk 1,34). Doch sie hatte eine bereitwillige Seele und sagte: »Siehe, ich bin die Magd des Herrn« (Lk 1,38).
46. Maria war das Mädchen mit einer großen Seele, das vor Freude jubelte (vgl. Lk 1,47). Sie war das Mädchen mit den vom Heiligen Geist erleuchteten Augen, das vom Glauben her das Leben betrachtete und alles in seinem Herzen bewahrte (vgl. Lk 1,19.51). Sie war jene Unruhige, stets bereit aufzubrechen, ..."

Maria, Urbild der Kirche, einer Kirche, die lebendig ist und jung und immer wieder aufbricht.

An manchen Orten scheint etwas zu sterben. Maria, Urbild der Kirche – dann eher jene Maria, die ihren Sohn im Sterben begleitet, die den Toten in ihren Armen hält, um ihn weint, vielleicht auch mit dem Sterben in unserer Kirche weint. Auch das ist Teil der Wirklichkeit.

Aber im weiten Blick auf die Kirche in der Welt lassen sich durchaus Aufbrüche erkennen. An vielen Orten in Asien, in Afrika, beim Weltjugendtag in Portugal, Aufbrüche da und dort bei uns, in einzelnen Menschen, in jungen Menschen, die neu und vielleicht erstmals ja sagen zum Glauben an Jesus Christus, in jung gebliebenen, die sich nochmal aufmachen, vielleicht auch Aufbrüche in unserem eigenen Herzen. ...

Maria, Urbild der Kirche: Maria steht nicht für Grabesruhe. Es riecht bei ihr nach Leben. Es riecht nach Liebe. Nach Milde. Vergebung. Annahme. Nach einem ehrlichen großen Ja. Maria, Urbild der Kirche: Wir dürfen den Duft dieses Festtages in uns aufnehmen, den frischen Duft Marias und solchen Duft verbreiten.

Und – um in der Bildsprache mit den Blumen zu bleiben – wir dürfen von Herzen her bekennen, was uns – wie Maria – blüht: Ein Gott, der uns aufnimmt, annimmt wie wir sind. Es duftet nach Leben, nach Auferstehung, nach Gemeinschaft mit einem liebenden Gott.

 

P. Thomas Hollweck SJ


Foto: Corina Ardeleanu via unsplash.com

 

 

 

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