Auserwählt - Schwer, aber hilfreich zu glauben!

Predigt zum Nachlesen von P. Bernhard Heindl SJ, 20. Sonntag im Jahrekreis

Symbol

Liebe Schwestern, liebe Brüder!

Kennen Sie den Film „Himmel und Hölle"? Ein heiterer Film über das Leben von Philipp Neri, dem so sympathischen Heiligen aus dem 16. Jahrhundert, der auch zweiter Apostel Roms genannt wird. Der italienische Originaltitel greift einen Satz auf, den der Heilige den römischen Straßenkindern, um die er sich liebevoll kümmerte, immer wieder gesagt haben soll und der etwas Rührendes hat: Seid gut, wenn ihr könnt! - State buoni, se potete!
Eine eher drastische Szene aus diesem wunderschönen Film kam mir in den Sinn, als ich über das Evangelium nachdachte: Philipp Neri bettelt in einer römischen Taverne für seine Straßenkinder. Er erhält den ein oder andere Groschen, doch ein Tavernenbesucher spukt ihm ins Gesicht und verhöhnt ihn. Philipp Neri, zunächst ebenso verstört wie ich als Zuschauer, geht kurz in sich und antwortet dann ruhig: Das war für mich. Nun bitte noch eine milde Gabe für die Kinder.

Jesus, wie konntest Du nur die Frau so behandeln?! Und Deine Begründung macht die Sache nicht besser! Das auserwählte Volk ist doch nicht frei von Benimmregeln! Es ist ein Evangelium, das bei allem Happy End zum Widerspruch reizt! Ich weiß nicht, was mehr ärgert, die Unhöflichkeit Jesu oder der Gedanke, dass es ein auserwähltes Volk gibt, dass bevorzugte Behandlung genießt?

Bleibt Gott hinter dem uns so wichtigen demokratischen Gedanken, dass alle Menschen gleichen Rechts und unantastbarer Würde sind, zurück?
Das Wunder der Errettung, die Exodus-Erfahrung, dem Vernichtungswillen einer brutalen Großmacht mit der Hilfe Gottes entkommen zu sein, ist die Grundlage für den Erwählungsgedanken Israels. Ein ungläubiges Augenreiben, ein fassungsloses sich in den Armen liegen, so stelle ich mir die Szenerie am Roten Meer vor, als Israel in der Morgendämmerung klar wurde, der Feind ist besiegt und sie leben, haben überlebt, sind gerettet! So wurde Israel zum Augenstern Gottes, sagt das Buch Deuteronomium (Dtn 32,10). In dieser Tradition steht Jesus, wenn er als Messias sein Augenmerk ganz auf Israel konzentrieren will.

Auf Israel geblickt zwei wichtige Erkenntnisse über Gott:
Gott ist nicht neutral, er ergreift Partei und zwar nicht für die Mächtigen!
Gott setzt auf das Multiplikatorenprinzip. Denn man muss es immer gleich dazu sagen: Auserwählt wozu? Auserwählt die Treue, Güte und Barmherzigkeit, kurz, die Liebe Gottes weiter zu geben.

Die Lesung, die wir gehört haben, formuliert die Pflicht Israels, die es mit seiner Auserwählung verbindet. Israel, der Gottesliebling, von ihm hängt es ab, ob der Glaube an seinen Gott eine Strahlkraft und Attraktivität hat, dass alle mitmachen wollen und die Gottesrede, die Verheißung aus dem Buch Jesaja, Erfüllung findet:
... denn mein Haus wird ein Haus des Gebetes für alle Völker genannt werden. (Jes 56,7) Für uns Christen ist Ostern dieser große „Entgrenzungs- und Öffnungsmoment" und das Evangelium von heute eine kleine Vorwegnahme dessen, was der Auferstandene am Ende des Matthäusevangeliums den Seinen sagt und fortan gilt: Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern ... (Mt 28,18f)

Nicht mehr Volk oder Nation sind die Auserwählungskriterien, sondern einzig der Glaube an Jesus Christus. Die Frau aus dem heutigen Evangelium, die Syrophönizierin nimmt vorweg, wer zukünftig im Kreis der Auserwählten ist: Die, die glauben, dass Jesus Christus die Treue, Güte und Barmherzigkeit, kurz die Liebe Gottes in Person ist.
Und vom Glauben der Frau will ich noch mehr lernen: Es ist ein sympathischer Glaube, denn er insistiert, er argumentiert, er ist weit, er ist nicht stolz. Im Gegenteil, er überwindet Stolz, die Frau wirft sich Jesus zu Füßen, sie bleibt sich und ihrem Anliegen treu, über alle Kränkungen hinweg!
Sie ist in Not, aber innerlich frei, sie nimmt das neue Auserwählungskriterium vorweg: Einen bewundernswerten, tiefen Glauben, Glauben an Jesus!
Und daher lenkt Jesus ja auch ein: Frau, dein Glaube ist groß.

Jeder Sonntag ist ein kleines Osterfest. Der Glaube an Jesus Christus als Auferstandenen führt uns zusammen. Wir, die neuen Auserwählten. Ist es ein Zeichen von Bescheidenheit, den Auserwählungsgedanken, als unnötig von sich zu weisen? Multiplikatorinn/en der Treue, Güte, Barmherzigkeit, kurz der Liebe Gottes sein. Ich möchte den Auserwählungsgedanken nicht preisgeben, weil er mir hilft, mich innerlich zu ordnen, wieder in Ordnung zu bringen und die Welt daran keinen Schaden nimmt, im Gegenteil.

Mich über mein Bekenntnis von Gott besonders geliebt wissen, das ist kein Grund für Überheblichkeit, aber die Grundlage für Selbstachtung und Selbstwertgefühl, wo mir innerlich die Felle wegschwimmen, wo der Boden wankt, wo ich zum vergeltenden Verteidigungsschlag ausholen will.
Eine innere Stimme, die mir zuspricht, wenn ich es brauche: Du bist auserwählt, du bist geliebt, was können dir zugefügte Kränkungen über den Moment des Schreckens hinaus anhaben?

Seid gut, wenn ihr könnt! - Auserwählungsglaube, richtig verstanden, kann uns helfen, es zu können. - Amen.


Bild: unsplasch, Erik Mclean, Detail

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