Jetzt haben wir also einen neuen Papst. Habemus Papam! Es ist schneller gegangen, als erwartet. Aus Robert F. Prevost, einem u.s.-amerikanisch-peruanischen Augustinermönch, Missionar und Kurienkardinal, wurde Leo XIV. Gewaltige Aufgaben warten auf ihn. Der Papst soll der Hirte der ganzen Kirche sein. Und er soll ein Brückenbauer sein, ein Pontifex. Ich habe mir am Donnerstag im Fernsehen die erste Ansprache von Leo auf der Loggia des Petersdoms angesehen. Daraus einige Zitate: „Der Friede sei mit euch allen! Ein unbewaffneter Friede, und ein entwaffnender, demütiger, beharrlicher Friede. Das ist der Friede des auferstandenen Christus, des guten Hirten. Dieser Friede kommt von Gott, der uns bedingungslos liebt. Gott liebt uns, Gott liebt euch alle, und das Böse wird nicht siegen! Wir sind alle in Gottes Hand. Deshalb lasst uns ohne Angst, Hand in Hand mit Gott und miteinander vereint, voranschreiten. Wir sind Jünger Christi. Christus geht uns voraus. Die Welt braucht sein Licht. Die Menschheit braucht ihn als Brücke zu Gott und seiner Liebe." Das klingt schon mal ermutigend. Und es passt auch gut zu den Bibellesungen am heutigen Sonntag.
Jesus ist der ultimative Brückenbauer, der eigentliche Pontifex. Er selbst ist die rettende Brücke zwischen uns Menschen und Gott. Durch ihn allein haben wir Zugang zu Gottes bedingungsloser Liebe. Und so ist er der gute Hirt, sein Wort gibt uns Gewissheit im Leben und im Sterben: Nichts kann uns aus der Hand Gottes reißen. Gehen wir in drei Punkten ein wenig genauer auf den Johannestext ein!
1) „Meine Schafe hören meine Stimme, ich kenne sie und sie folgen mir. Ich gebe ihnen ewiges Leben." In unserer Welt gibt es so viele widersprüchliche Stimmen und Botschaften, so viel Verwirrung, so viel Ungewissheit. Und auch in uns selbst gibt es oft ein Stimmengewirr. Schätzungen zufolge produziert unser Gehirn täglich bis zu 50.000 automatische Gedanken, ein Großteil davon ist negativer Art. Wie soll man sich da orientieren? Auf welche Stimmen sollen wir hören? Viele Menschen wollen, dass man ihnen nachfolgt. Wem sollen wir folgen? Wer verdient unser Vertrauen? Nun, das müssen wir selbst entscheiden, möglichst kritisch und vernünftig. Aber nur auf eine Stimme dürfen wir uns völlig rückhaltlos verlassen, nur einer verdient unser letztes Vertrauen: Jesus Christus, der gute Hirt. Ihm sollen wir folgen, auf sein Wort sollen wir hören. Er kennt uns durch und durch, er will unser Bestes, er gibt sein Leben für uns hin, er wird uns niemals enttäuschen. Und Jesus ist dabei nicht nur ein moralisches Vorbild, dem wir nacheifern sollen oder ein Weisheitslehrer, der uns Tipps und Tricks für ein gelungenes Leben gibt. Seine Bedeutung ist unendlich größer. Jesus, der menschgewordene Sohn, bringt uns die rettende Nähe Gottes, nimmt uns hinein in seine Gemeinschaft mit dem Vater. Jesus gibt uns nicht irgendwelche Informationen oder Anweisungen, nein, er sagt uns das Wort Gottes zu, mit göttlicher Autorität. In diesem Wort schenkt er uns ewiges Leben, Teilhabe am Leben Gottes. Im Glauben hören und erkennen wir seine Stimme, immer wieder neu. Wenn heute das Evangelium weitergeben wird, dann spricht Christus selbst zu uns. Jeder und jede von uns kann in der Autorität Christi das Evangelium bezeugen und so ihm nachfolgen.
2) „Sie werden niemals zugrunde gehen und niemand wird sie meiner Hand entreißen. Mein Vater, der sie mir gab, ist größer als alle, und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen." Für die meisten von uns ist die Vorstellung, ganz in der Hand eines anderen Menschen zu sein, wohl ziemlich unangenehm. Und auch die Vorstellung, in der Hand Gottes zu sein, ist noch nicht von vornherein wohltuend. Meint Gott es wirklich gut mit uns? Wenn man so in die Welt schaut, könnten da doch einige Zweifel aufkommen. Und dann gibt es die Auffassung, dass das Handeln Gottes dort beginnt, wo wir die Dinge nicht mehr kontrollieren können. Der ehemalige EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat 2011 im Europaparlament zur Lage am Atomkraftwerk Fukushima gesagt: „Man muss befürchten, dass das Ganze in Gottes Hand ist." Jesus meint etwas anderes. Gott ist größer als alles, was wir denken können. Wir begreifen von Gott immer nur das von ihm Verschiedene, das auf ihn verweist, nämlich die geschaffene Welt. Gott hat aber nicht nur den Anfang der Welt geschaffen, sondern seine Schöpferallmacht bezieht sich auf alles zu jeder Zeit: Er ist in allem Geschehen mächtig, nichts kann sein ohne ihn. Das für sich allein genommen ist noch nicht tröstlich, wenn man bedenkt, wie viel Schlimmes es auch in unserer Welt gibt. Es wird aber tröstlich, wenn dieser Gott für uns ist und uns Gemeinschaft mit sich schenkt. Denn dann bedeutet es, dass keine Macht der Welt uns aus der Gemeinschaft mit Gott herausreißen kann, nicht einmal der Tod hat dann diese Macht. Wir sind geborgen in der Liebe des Gottes, der in allem mächtig ist. Das heißt auch: Wir sind frei. So offenbart es uns Jesus, aus uns selbst heraus wüssten wir es nicht. Aber dann gibt es nichts Besseres, als in der Hand Gottes zu sein.
3) „Ich und der Vater sind eins." Jesus ist der menschgewordene Sohn, eines Wesens mit dem Vater und mit ihm in göttlicher Weise durch den Heiligen Geist verbunden. Deshalb können wir uns auf sein Wort unbedingt verlassen. Und deshalb ist er auch der ultimative Brückenbauer, der eigentliche Pontifex. Er selbst ist die rettende Brücke zwischen der Menschheit und Gott. Durch ihn haben wir Zugang zu Gottes bedingungsloser Liebe. Gott-Vater liebt uns Menschen mit derselben Liebe, in der von Ewigkeit her seinem eigenen Sohn zugewandt ist. Wir werden erfüllt vom Heiligen Geist. Und dieser Geist verbindet uns dann auch miteinander, lässt uns selber zu Brückenbauern werden, die sich für Versöhnung und Frieden einsetzen können.
Christus Pontifex, der gute Hirt, der uns Gewissheit schenkt. Beten wir, dass der neue Papst und wir alle gemeinsam diesem Hirten nachfolgen! Zum Abschluss noch einmal Papst Leo XIV: „Gott liebt uns, Gott liebt euch alle, und das Böse wird nicht siegen! Wir sind alle in Gottes Hand." Amen.
P. Robert Deinhammer SJ
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