Sag mir, wer ich für dich bin

von P. Bruno Niederbacher SJ, 14. September 2015

Symbol

Wie gern erinnere ich mich an die Don-Camillo-Filme mit Fernandell und Gino Cervi in den Hauptrollen, diese Schwarzweiß-Verfilmungen von Guareschis erfolgreichen Geschichten. Dabei sind die Gespräche von Don Camillo mit Jesus am Kreuz legendär: unverkrampft, frei von der Leber weg... Und die Reaktionen des Herrn sind köstlich. Zugleich treffen sie den Kern des Christentums. Z. B. sagt Don Camillo: „Herr, Peppone hat es zu arg getrieben, und ich werde ihn erledigen." „Don Camillo", erwidert der gekreuzigte Christus, „auch jener, der mich ans Kreuz schlug, hat es zu arg getrieben, aber ich habe ihm verziehen."

Die Dialoge zeugen auch von Humor mit Augenzwinkern. So sagt Don Camillo: „Deine Worte schmecken wie Kommissbrot, Herr." Christus: „Deshalb halten sie auch ewig, Camillo."

Und manchmal sind es einfach Fragen, die der Herr stellt. So habe ich bereits als Kind gesehen, wie man sich mit Jesus unterhalten kann und dass man neben ausformulierten Gebeten auch ganz frei mit ihm sprechen kann. Daher kam es mir auch nicht unbekannt vor, als ich im Noviziat in den großen Exerzitien zu einer Übung aufgefordert wurde, wo ich mir Christus am Kreuz hängend vorstellen und mit ihm ein Gespräch führen sollte, „so wie ein Freund mit einem anderen spricht oder ein Diener zu seinem Herrn, indem man bald um irgendeine Gnade bittet, bald sich wegen einer schlechten Tat anklagt, bald seine Dinge mitteilt und in ihnen Rat will." (GÜ 53-54)
Wenn man diese Kirche betritt, so begegnet einem beim Weihwasser¬becken ein lebensgroßes Kreuz. Und vielleicht ist es euch schon einmal aufgefallen: Während viele Kreuze den toten Jesus zeigen, mit der Wunde am Herzen, zeigt unser Kreuz Jesus am Leben. Es nimmt die Idee auf, mit ihm am Kreuz zu reden. Ignatius leitet an, ich solle mich selbst anschauen und dabei fragen:

- was ich für Christus getan habe;
- was ich für Christus tue;
- was ich für Christus tun soll.

Diese Fragen passen gut für junge Leute, die voller Tatendrang überlegen, was sie aus ihrem Leben machen sollen. Heute aber, etwas ins Alter gekommen, schauen meine Fragen anders aus: weniger auf das Machen bezogen und mehr auf das Sein. So frage ich:

- Wer war Christus für mich?
- Wer ist er für mich?
- Wer soll er für mich sein?

Während ich so über meine Sicht von Jesus nachdenke, fällt mir ein: Es ist zwar wichtig zu wissen, was Bruno von Christus hält, aber es ist noch viel wichtiger zu wissen, was Christus von Bruno hält. Und so frage ich in die Stille hinein:

Sag mir, wer ich für dich bin, Christus!

Es wird still, ich rede nicht mehr, ich schweige und am besten ist es, wenn ich ins Hören komme. Was gibt mir Christus am Kreuz zu verstehen? Er gibt mir zu verstehen, dass ich in seinen Augen unendlich wertvoll bin. Wie Jesaja einmal sagt: „Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist und weil ich dich liebe [...]" (Jes 43, 4-5) Und heute hörten wir: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hingab...": für sie, für mich und für dich. Wenn ich scheitere, wenn etwas in Brüche geht, wenn ich an mir zweifle, blicke ich auf zu Christus am Kreuz. Denn gerade in solchen Situationen ist er mir am Kreuz näher als woanders. Und durch das Kreuz gibt er mir zu verstehen, wie kostbar und geliebt ich bin. Ein heilsamer Blick.

Ein Mitbruder schreibt über eine ähnliche Erfahrung: „Ich hatte ein ziemlich gutes Verhältnis zum Herrn. Ich pflegte ihn um Dinge zu bitten und mich mit ihm zu unterhalten, ihn zu loben und ihm zu danken. Aber ich hatte stets das unangenehme Gefühl, er wolle mich veranlassen, ihm in die Augen zu sehen. Und ich wollte nicht. Ich redete zwar, blickte aber weg, wenn ich spürte, dass er mich ansah. Immer sah ich weg, und ich wusste warum. Ich hatte Angst, einen Vorwurf dort zu finden wegen irgendeiner noch nicht bereuten Sünde. Ich dachte, ich würde auf eine Forderung stoßen: irgendetwas wollte er wohl von mir. Eines Tages fasste ich Mut und blickte ihn an. – Da war kein Vorwurf. Da war keine Forderung. Die Augen sagten nur: ‚Ich liebe dich.' Ich blickte lange in diese Augen, forschend blickte ich in sie hinein. Doch die einzige Botschaft lautete: ‚Ich liebe dich.'"

 

(1) Vgl. Piet van Breemen 1978: „Der Mensch ist geschaffen...". Eine befreiende Wahrheit über den Menschen, in: Geist und Leben 51/1, S. 6.
(2) Anthony de Mello 1982: The Song of the Bird. Anand, S. 144-145. Deutsch 1984: Warum der Vogel singt. Freiburg, S. 86.

 

P. Bruno Niederbacher SJ

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